Hinweise zur numerischen Bestimmung von Eigenwerten

  1. Die Eigenwerte könnten als Nullstellen der charakteristischen Gleichung (4.125b) berechnet werden (s. Beispiel A und Beispiel B. Dazu müssen die Koeffizienten des charakteristischen Polynoms der Matrix bestimmt werden. Diese Vorgehensweise sollte aber vermieden werden, da sie einen außerordentlich instabilen Algorithmus darstellt, d.h., kleine Änderungen in den Koeffizienten ai führen zu sehr großen Änderungen der Nullstellen .
  2. Für die numerische Lösung des symmetrischen Eigenwertproblems sind zahlreiche Algorithmen entwickelt worden. Man unterscheidet zwei Verfahrensklassen (s. [[4.7]]):
    1. Transformationsverfahren, z.B. JACOBI-Verfahren, HOUSEHOLDER-Tridiagonalisierung, QR-Algorithmus;
    2. Iterationsverfahren, z.B. Vektoriteration, RAYLEIGH-RITZ-Algorithmus, Inverse Iteration, LANCZOS-Verfahren, Bisektionsverfahren.

Als Beispiel wird die Potenzmethode von MISES betrachtet.

Potenzmethode von Mises

Hierbei handelt es sich um ein Iterationsverfahren zur Bestimmung des betragsgrößten Eigenwertes und des zugehörigen Eigenvektors einer Matrix , falls reell und symmetrisch ist und einen betragsgrößten (dominanten) Eigenwert hat. Dieser sei . Dann gilt:

(4.143)

Die Matrix hat n linear unabhängige Eigenvektoren . Daraus folgt:

  1.  
    (4.144)
  2. Jedes Element läßt sich als Linearkombination der Eigenvektoren darstellen:
    (4.145)

    Multipliziert man (4.145) mit und berücksichtigt (4.144), dann erhält man nach k-maliger Multiplikation:

    =  
      = (4.146)


    Daraus folgt wegen (4.143):
    (4.147)
Die Aussagen (4.147) sind Grundlage des folgenden Iterationsverfahrens:
Schritt 1:
Wahl eines beliebigen Startvektors .
Schritt 2:
Iterative Berechnung von gemäß
(4.148)

Daraus folgt unter Beachtung von (4.146):

(4.149)
Schritt 3:
Aus (4.148) und (4.149) folgt:
=  
 
=  
(4.150)


d.h. für große Werte von k unterscheiden sich aufeinanderfolgende Näherungsvektoren durch den Faktor .
Schritt 4:
Aus (4.149) und (4.150) erhält man zur Berechnung von und :
(4.151)
Beispiel

Zahlenbeispiel mit
.



Hinweise:

  1. Da Eigenvektoren nur bis auf einen Zahlenfaktor eindeutig bestimmt sind, ist es numerisch zweckmäßig, die Vektoren zu normieren, z.B. in der im Beispiel angegebenen Weise.
  2. Der betragskleinste Eigenwert von und der zugehörige Eigenvektor lassen sich bestimmen, indem man die Potenzmethode auf die Inverse von anwendet.
  3. Zur Bestimmung der übrigen Eigenwerte und Eigenvektoren von kann die Potenzmethode ebenfalls angewendet werden. Ist der Eigenvektor bekannt, dann wird zur Bestimmung von ein Startvektor gewählt, der zu orthogonal ist, und dann wie bei der Bestimmung von verfahren, falls dominant gegenüber ist. Zur Bestimmung von wird dann ein Startvektor gewählt, der orthogonal zu und ist, usw. Diese Vorgehensweise wird auch als Deflation bezeichnet.
  4. Aufgrund der Iterationsvorschrift (4.148) wird die Potenzmethode auch Vektoriteration genannt.